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Fragenübersicht Sollten Gewerkschafter und andere Interessenvertreter ein Mandat im Parlament innehaben dürfen?
1 - 11 / 11 Meinungen
30.06.2025 18:51 Uhr
Weil es weite Teile des Hintergrund gefressen hat, hier nochmal.

Die Frage, ob Gewerkschafter und Interessenvertreter ein Mandat im Parlament haben sollten, berührt den Kern demokratischer Repräsentation: Wer spricht für wen – und mit welcher Legitimation?

Deutschland: Trennung von Mandat und Funktion
In Deutschland ist die politische Einflussnahme von Gewerkschaften traditionell stark, insbesondere über die SPD und den DGB. Dennoch zeigt sich ein Trend zur Entflechtung: Die Zahl gewerkschaftlich organisierter Bundestagsabgeordneter ist rückläufig, und ihre Mitgliedschaft hat laut Analysen selten direkten Einfluss auf ihr Abstimmungsverhalten in wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen. Gewerkschafter sind also im Bundestag präsent, aber nicht in institutionalisierter Form – sie treten als Einzelpersonen auf, nicht als offizielle Interessenvertreter.

Österreich: Enge Verflechtung von Politik und Gewerkschaft
Ganz anders in Österreich: Der ÖGB ist stark mit der Politik verwoben, insbesondere mit der SPÖ. Rund 14,75 % der Nationalratsabgeordneten haben (oder hatten) Funktionen in Gewerkschaften. Auch Spitzengewerkschafter wie Wolfgang Katzian (ÖGB-Präsident) oder Sabine Oberhauser waren bzw. sind im Nationalrat vertreten. Diese personelle Überschneidung ist historisch gewachsen und wird als Teil des „sozialpartnerschaftlichen Modells“ verstanden – also einer engen Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen und der Politik.

Fazit: Zwei Modelle, zwei Philosophien
Deutschland setzt stärker auf institutionelle Distanz und pluralistische Interessenvermittlung.

Österreich lebt ein Modell der Verflechtung, das Gewerkschaften direkten Zugang zur Gesetzgebung ermöglicht.

Ob das gut oder schlecht ist, hängt davon ab, wie man Demokratie versteht: als Arena für unabhängige Mandatsträger – oder als Bühne für organisierte Interessen.

Quellen:
Bundeszentrale für politische Bildung: Die Gewerkschaften im Fünf-Parteien-System der Bundesrepublik http://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/32851/die-gewerkschaften-im-fuenf-parteien-system-der-bundesrepublik/

Wikipedia: Liste der Mitglieder des Deutschen Bundestages (20. Wahlperiode) http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Mitglieder_des_Deutschen_Bundestages_%2820._Wahlperiode%29

Meine Abgeordneten (Österreich): Die Gewerkschaft(en) und ArbeitnehmervertreterInnen im Parlament http://www.meineabgeordneten.at/News/detail/Die-Gewerkschaft%28en%29-und-ArbeitnehmervertreterInnen-im-Parlament

Wikipedia: Österreichischer Gewerkschaftsbund (ÖGB) http://de.wikipedia.org/wiki/Österreichischer_Gewerkschaftsbund

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 30.06.2025 19:03 Uhr. Frühere Versionen ansehen
30.06.2025 19:02 Uhr
Tatsächlich sind in Deutschland so einige Gewerkschafter auch Mitglied des Bundestages, ich sehe da auch keine Interessenkollision, sondern im Gegenteil, den Vorteil, dass die Arbeitnehmer in Deutschland in ihnen Walter ihrer Interessen sehen können. Mir sind sowohl aus der Union, als auch der SPD und der Linken Abgeordnete bekannt.
30.06.2025 19:04 Uhr
Mal was aus dem kleinen Rahmen - in meinem Heimatort gibt es einen einzigen Sportverein und eines Tages war ein Drittel des Gemeinderats mit Vereinsmitgliedern, größtenteils aus dem Vorstand des Vereins besetzt.

Alle fanden es ok, ich fand es schräg.
30.06.2025 19:06 Uhr
Zitat:
Mal was aus dem kleinen Rahmen - in meinem Heimatort gibt es einen einzigen Sportverein und eines Tages war ein Drittel des Gemeinderats mit Vereinsmitgliedern, größtenteils aus dem Vorstand des Vereins besetzt.

Alle fanden es ok, ich fand es schräg.


Das kommt vor. Immer dann, wenn der Ort von der Größe überschaubar und zudem nur ein Sportverein mit vielen Sportarten/Abteilungen quasi das ganze Dorf vereinnahmt. Dann bekommst Du solche Konstellationen. Aber muss nicht schräg sein - wenn die Mischung stimmt.
30.06.2025 19:07 Uhr
@Pacific

Oft engagieren sich ja gerade auch die Leute, die was bewegen wollen (Wortspiel!) sowohl im Sportverein als auch in der lokalen Politik.
30.06.2025 19:23 Uhr
Zitat:
@Pacific

Oft engagieren sich ja gerade auch die Leute, die was bewegen wollen (Wortspiel!) sowohl im Sportverein als auch in der lokalen Politik.


Andererseits - das Problem an der Verteilung ist, dass normale Arbeitnehmer zu den benötigten Zeiten gar nicht frei haben und sich nur politisch engagieren, wenn sie beruflich kürzer treten. Das zieht sich bis in den BT durch….
30.06.2025 19:29 Uhr
In manchen österreichischen Orten sind JVP, freiwillige Feuerwehr und der Jugendteil der Blasikmusik ident. Und 3 von 9 ÖVP Gemeinderäten.
30.06.2025 19:52 Uhr
In institutionalisierter parlamentarischer Hinsicht nein. Dafür gibt es ja letztlich auch den Verbändekorpotarismus, den man allerdings dann auch pflegen muss. Ein gut organisierter Verband kriegt im Gesetzgebungsverfahren seine Positionen auch so ganz gut positioniert (und zwar aus allen Gruppen und Bereichen).
01.07.2025 07:21 Uhr
Es sitzen sogar Minister, also Führungspersonen der Exekutive, im Parlament, der Legislative.

Außerdem sitzen im bundesdeutschen Parlament sehr viele Beamte, also weisungsgebundene Gehaltsempfänger* der Exekutive. (Auch Pensionäre sind dem Staat, also der Exekutive, immer noch verpflichtet.)

Da sehe ich ein massives Problem der Gewaltenteilung.

Aber natürlich macht es viel mehr Spaß, über die paar Gewerkschafter und Lobbyisten nachzudenken.

Edit: * Mir fällt kein besseres Wort ein, Beamte zu beschreiben, die für ihre Tätigkeit im BT freigestellt sind, obwohl sie vielleicht in der Zeit kein Gehalt beziehen.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 01.07.2025 08:43 Uhr. Frühere Versionen ansehen
01.07.2025 07:25 Uhr
Ich sehe weniger das Problem, daß Interessenvertreter ins Parlament gewählt werden, als daß Lobbyisten mit manchmals sehr starken Bindungen an Unternehmen von ihren Parteien in Ausschüsse gewählt werden, welche über Aufträge und Subventionen für diese Unternehmen entscheiden.
01.07.2025 11:58 Uhr
Ich finde den offenen Umgang mit Verpflichtungen außerhalb des Parlaments sogar viel besser, als diverse Verschleierungsbemühungen, die sonst teilweise stattfinden. Mal abgesehen davon, dass ein gewerkschaftlicher Vertreter im Parlament vermutlich eine eher harmlose Variante des Lobbyismus darstellt.
  GRUENE   IDL   SII, KSP   FPi
  CKP, KDP   UNION   NIP   PsA
  LPP   Volk, Sonstige
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